Vielen psychischen Problemen wie stressbedingten Erkrankungen, Depressionen, Angst- und Ess-Störungen, aber auch ADHS und Autismus liegt das gleiche Phänomen zugrunde: Das Erregungsmanagement des Nervensystems ist nicht (mehr) in der Balance und das Gehirn entweder zu offen oder zu abgeschottet für Reize von außen. Die Betroffenen erleben dadurch schon ganz alltägliche Situationen als stark ermüdend und haben das Gefühl ständig unter Strom zu stehen – oder sie nehmen umgekehrt kaum wahr, was um sie herum vor sich geht und kommen nur mit Mühe „aus den Puschen“.
Zwar lässt sich die Fähigkeit des Gehirns trainieren, flexibel und der Situation angemessen zwischen verschiedenen Zuständen zu wechseln (zum Beispiel durch meditative Körperübungen wie Yoga oder Qi Gong) doch bei stärker ausgeprägten Störungen reicht das oft nicht. Eine effektive Unterstützung bietet das Neurofeedback – eine computergestützte Therapieform, die schon seit den 1960er Jahren bekannt ist und seitdem deutlich weiterentwickelt wurde. man könnte es als eine Art Krafttraining für das Gehirn beschreiben.
Bei der modernsten Form, dem sogenannten ILF-Neurofeedback, wird der Patient verkabelt und beeinflusst mit seinen Hirnsignalen entweder Filme, die er sich gemütlich anschaut, oder Computerspiele, bei denen er zum Beispiel Speedbootrennen fährt. Subtile Veränderungen auf dem Bildschirm, beim Sound oder die Vibrationen eines Stofftieres, dass man zusätzlich in der Hand halten kann, geben dem Gehirn eine Rückmeldung („Feedback“), ob es seinen Zustand verändert. Vom Verstand sind die Unterschiede kaum erfassbar, doch das Unterbewusstsein erkennt sie sehr schnell als selbst produziert und benutzt sie wie einen Spiegel. der Effekt ist der gleiche wie beim Training der körperlichen Balance: Auf einem Bein zu stehen geht anfangs leichter, wenn man die Haltung durch optische Eindrücke überprüft. Je öfter man übt, desto mehr lernt das Gehirn – und irgendwann kann man sich allein dem inneren Gefühl überlassen. Beim Neurofeedback zeigen sich meist sehr schnell erste Effekte, so verbessert sich bei vielen Menschen der Schlaf. Für nachhaltige Veränderungen sind jedoch meist zwischen 20 bis 30 Sitzungen nötig. Das Ziel: Souverän durch den normalen Alltag zu surfen, weil das Gehirn zwischen konzentrierter Arbeitsspannung und erholsamer Entspannung hin und her schwingen und dabei stets die Balance halten kann.
Wozu ist eine Neurofeedback-Behandlung gut?
Eine Neurofeedback-Behandlung kann bei einer Vielzahl von Störungen hilfreich sein. Dazu gehören u.a.:
- Angststörungen
- Aufmerksamkeitsstörungen (ADS/ADHS)
- Autismus
- Depression
- Epilepsie
- Migräne
- Schlafstörungen
Speziell bei Kindern kann Neurofeedback auch günstig wirken auf verschiedene schlafbezogene Störungen wie:
- Albträume
- Bettnässen
- Nachtschrecken
- Schlafwandeln
- Zähneknirschen
Es wird angenommen, dass vielen Störungen eine Fehlregulierung der Gehirnfunktion zugrunde liegt. Ziel einer Neurofeedbackbehandlung ist, das Gehirn zu trainieren, seine Funktion zu verbessern. Durch mehrmalige Wiederholung dieses Neurofeedback-Trainings soll sich die Gehirnfunktion dauerhaft umstellen und Symptome der zu behandelnden Störungen können vermindert oder vollständig zum Verschwinden gebracht werden. So berichten ehemalige Migräne Patienten, dass sie nach den (typisch) 15 Sitzungen jahrelang keine Migräne mehr bekommen haben. Diese Menschen werden jedoch eine Prädisposition für Migräne behalten. In wissenschaftlichen Studien konnte gezeigt werden, dass mit einer Neurofeedback-Behandlung von Aufmerksamkeitsstörungen (ADS/ADHS) vergleichbare Resultate erzielt werden können wie mit Medikation mit Methylphenidat.
In den letzten Jahren wird viel in der Anwendung von Neurofeedback im ganzen Spektrum der psychischen Störungen geforscht, teilweise mit erstaunlichen Ergebnissen (siehe auch Literatur).
Bei Patienten, die wegen spezifischer Störungen Medikamente einnehmen, kann durch die Neurofeedback-Behandlung eine Reduktion der Medikamentendosis oder gar ein Absetzen der Medikamente notwendig werden. Keinesfalls jedoch ist Neurofeedback als ein Allheilmittel zu sehen und kann Medikation nicht immer ersetzen.
Neben der eher medizinischen Anwendung wird Neurofeedback auch für Tiefentspannung und Meditation eingesetzt.
Menschen, die bereits sehr gut auf ihrem Gebiet sind, wollen oft noch besser werden (Musiker, Spitzensportler, Manager). Diese stoßen immer häufiger auf Neurofeedback für Spitzenleistungstraining (Peak Performance Training).
Bei alternden Menschen kann eine gute Gehirnfunktion idealerweise durch regelmäßiges Neurofeedback-Training unterstützt werden. Fast jedes Gehirn, unabhängig davon in welchem Ausgangszustand es sich befindet, kann zu besserer Funktion trainiert werden.